Pulver vs. Pellets: Welche Darreichungsform für Pferde-Ergänzungsfutter bietet Vorteile?
Ergänzungsfuttermittel für Pferde sind in verschiedenen Formen erhältlich – häufig als Pellets oder Pulver, teils auch als flüssige Lösungen oder Pasten. Doch warum bevorzugen viele Experten Pulver und welche Vorteile bietet die Pulverform im Vergleich zu gepressten Pellets?
Weniger Zusatzstoffe: Pulver kommen ohne Bindemittel aus
Pellets benötigen meist zusätzliche technologische Stoffe, um in Form gepresst zu werden. Bei der Pelletherstellung werden sogenannte Presshilfsmittel (Bindemittel) eingesetzt, damit die geformten Pellets stabil bleiben und nicht zerfallen. Das können zum Beispiel Tonmineralien wie Bentonit oder Kieselgur sein. Ein Blick auf die Deklaration mancher Pellet-Produkte zeigt, dass ein erheblicher Anteil kein Nährstoff, sondern ein solcher Hilfsstoff ist – so enthält ein bekanntes Magen-Pellet pro Kilogramm ganze 317 g Bentonit als technisches Bindemittel. Das ist fast ein Drittel des Produkts, welches rein zur Formgebung und Stabilisierung dient.
Pulver-Ergänzungsfutter benötigen diese Zusatzstoffe nicht. Hier werden die Wirkstoffe einfach in trockener, fein gemahlener Form vermischt und abgefüllt. Zusätzliche Füllstoffe oder Klebstoffe sind meist überflüssig. Ein gutes Pulver besteht daher fast ausschließlich aus den eigentlichen Nähr- und Wirkstoffen. Für den Pferdehalter bedeutet das: kein Ballast durch unnötige Zutaten – man führt dem Pferd vor allem das zu, was tatsächlich wirken soll.
Schonende Verarbeitung: Empfindliche Wirkstoffe bleiben erhalten
Pulver werden kalt und ohne Druck hergestellt, während Pellets unter hoher Temperatur und Verdichtung entstehen. Bei der Pelletherstellung wird die Futtermischung in einem sogenannten Expander für einige Sekunden auf 100–120 °C erhitzt und mit Druck bis zu 40 bar gepresst. Dieser „Dampfkochtopf-Effekt“ garantiert zwar eine keimarme Herstellung, kann aber hitzeempfindliche Nährstoffe beschädigen. Fachleute warnen, dass durch die starke Erhitzung der Pellets einige Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe verloren gehen können. Nicht alle Rohstoffe lassen sich überhaupt pelletieren, da die Hitze gewisse Zutaten unbrauchbar macht – viele empfindliche Wirkstoffe würden beim Pressen zerstört.
In Pulverform bleiben solche Inhaltsstoffe deutlich besser erhalten, da keine thermische Belastung stattfindet. Vitamine sind ein typisches Beispiel: Einige Vitamine, wie etwa Vitamin C, werden durch Hitze nahezu vollständig zerstört. Hersteller von angereichertem Futter müssen deshalb bei Pelletfutter hitzestabile Vitamine entweder überdosieren oder in umhüllter („coated“) Form einsetzen, was bei Pulver meist nicht nötig ist. Ein weiteres Beispiel sind probiotische Zusätze (lebende Mikroorganismen wie Hefen oder Milchsäurebakterien), die oft zur Darmgesundheit gefüttert werden. Solche Probiotika überleben das Pelletieren nur schwer, da die hohen Temperaturen und der Druck viele Bakterienkulturen abtöten. Zwar gibt es hitzeresistente Sporenstämme, doch bei empfindlichen Kulturen ist die Pulverfütterung sicherer, um die volle Wirksamkeit zu erhalten. Kurz gesagt: Pulver muss nicht „gebacken“ werden – Vitamine, Enzyme, Kräuterextrakte & Co. gelangen unverfälscht ins Pferd.
Höhere Wirkstoffdichte: Keine Verdünnung durch Trägerstoffe
Ein oft übersehener Unterschied ist die Konzentration der Wirkstoffe. Pellets enthalten häufig Trägerstoffe oder Füllstoffe, die für das Pferd wenig Nährwert haben, aber nötig sind, um die Mischung pressfähig zu machen und auf ein handhabbares Volumen zu bringen. Beispielsweise werden in Mineralfutter-Pellets gerne Luzernegrünmehl (Alfalfa) oder Sojaschalen als Trägersubstanz eingesetzt. Diese Basismaterialien liefern Struktur und Volumen, sodass man aus einer Handvoll Mineralstoffe einen Pellet formen kann. Allerdings verdünnen sie die Nährstoffgehalte des Endprodukts: Ein erheblicher Teil des Pelletgewichts entfällt auf den Träger, nicht auf die eigentlichen Wirkstoffe.
Bei Pulverprodukten ist die Wirkstoffdichte in der Regel höher. Da kein Pressvorgang erfolgen muss, können die Hersteller auf große Mengen solcher Träger verzichten. Häufig sind Pulver direkt die reinen Mikronährstoffe oder Kräuter in gemahlener Form, eventuell mit minimalen Trägeranteilen für die Mischbarkeit. Für den Pferdebesitzer bedeutet das: Pro Portion Pulver werden meist mehr aktive Nährstoffe aufgenommen als pro gleichgroße Portion Pellets. Anders formuliert erreicht man mit kleineren Futtermengen das gleiche Ergebnis. (Natürlich hängt dies vom konkreten Produkt ab, doch grundsätzlich ist die Konzentration bei Pulver höher, da eben keine Presshilfsstoffe „Ballast“ mitbringen.)
Ein Beispiel zum Verständnis: In der Hundeernährung verweist eine Fütterungsexpertin darauf, dass durch die Zugabe von Hilfsstoffen der Wirkstoffgehalt bei gepressten Snacks oft geringer ist als bei reinen Pulvern. Übertragen auf Pferde heißt das: Pulver ermöglicht eine kompakte Nährstoffzufuhr, während Pellets mehr „Drumherum“ enthalten.
Frei von Zucker, Melasse und Getreideanteilen
Pellets enthalten oft Zucker oder stärkehaltige Bestandteile, die für empfindliche Pferde problematisch sein können. Der Grund: Bei der Herstellung von Pellets werden gerne Melasse (Zuckersirup) oder Getreidenebenerzeugnisse eingesetzt. Melasse dient als natürliches Bindemittel und Geschmacksstoff – ihre klebrige Konsistenz sorgt dafür, dass die Pelletmasse zusammenhält, und sie macht das Futter schmackhafter. Viele Pferde fressen pelletiertes Mineralfutter bereitwilliger, wenn ein wenig Melasse darin ist. Zudem bindet die Melasse den Staub, was die Futteraufnahme für Pferde mit Atemwegsproblemen angenehmer macht. Allerdings bringt Melasse rund 50 % Zucker in der Trockensubstanz mit. Auch Getreide und Nebenprodukte (Weizenkleie, Mais, Gerste etc.) werden häufig in Pellets verarbeitet – sie liefern Struktur und Energie, erhöhen aber den Stärke- und Zuckergehalt des Produkts.
Für stoffwechselerkrankte oder sehr zuckerempfindliche Pferde (etwa mit EMS, Cushing/PPID, Hufrehe oder PSSM) können solche Zusatz-Zucker problematisch sein. Experten empfehlen in diesen Fällen, melasse- und getreidefreie Futtermittel zu wählen. Pulverförmige Ergänzungsfutter kommen diesem Wunsch oft entgegen: Viele von ihnen sind frei von zugesetztem Zucker und Getreide, da sie nicht auf diese Zutaten angewiesen sind, um die Mischung herzustellen. So gibt es z.B. reine Kräuter- oder Mineralpulver ohne jegliche Melasse oder Getreideträger. Das bedeutet, das Pferd bekommt nur das Supplement, nicht unnötig Energie in Form von Zucker/Stärke.
Natürlich gibt es auch pelletierte Produkte mit reduziertem Zucker- und ohne Getreidezusatz – häufig werden diese dann mit alternativen Bindern (wie Pflanzenfasern oder Ölen) hergestellt. Insgesamt jedoch lässt sich sagen: Pulver erleichtern eine zuckerarme Fütterung, da sie seltener versteckte Melasse oder Stärke enthalten. Für Pferde, die auf jedes Gramm Zucker achten müssen, ist dies ein wichtiger Vorteil.
Flexible Dosierung und einfache Kombination
Ein praktischer Pluspunkt von Pulver-Ergänzungen ist die flexible Dosierbarkeit. Pulver lassen sich genau abmessen – je nach Bedarf des Pferdes kann man die Menge leicht anpassen, sei es mit dem mitgelieferten Messlöffel oder einer Waage. Kleinere oder größere Pferde, besondere Bedarfssituationen oder eine langsame Steigerung der Dosis lassen sich mit Pulver unkompliziert managen. Bei Pellets ist man demgegenüber an die vorgegebene Form gebunden: Zwar kann man auch hier die Anzahl der Pellets reduzieren oder erhöhen, doch sehr kleine Mengen abzuwiegen ist oft ungenau (ein Pellet hat nun einmal eine gewisse Mindestgröße). Pulver kann man theoretisch bis auf das Gramm genau unter das Futter mischen.
Ebenso erleichtert Pulver die Kombination verschiedener Supplements. Häufig erhält ein Pferd mehr als nur einen Nährstoff – zum Beispiel im Fellwechsel ein Mineralpulver plus eine Kräutermischung für den Atemweg. Pulver können einfach miteinander vermengt und zusammen mit dem Krippenfutter verfüttert werden. Sie vermischen sich homogen, sodass das Pferd mit jedem Bissen von allen zugesetzten Komponenten etwas aufnimmt. Pellets dagegen werden in der Regel separat verabreicht: Verschiedene Pelletsorten bleiben getrennt (man kann sie natürlich gemeinsam ins Kraftfutter geben, aber das Pferd könnte theoretisch einzelne Pellets aussortieren). Wer eine maßgeschneiderte Ration aus mehreren Bausteinen erstellen möchte, hat mit Pulver die maximale Freiheit.
Zudem entsteht beim Dosieren von Pulver kein lautes Rieseln oder harter „Pelletregen“ ins Futterschüsselchen – manche Pferde reagieren auf die Akustik oder Haptik von Pellets überrascht, während Pulver geräuschlos untergemischt werden kann. Dieser Aspekt mag klein erscheinen, zeigt aber: Pulver lassen sich sehr unauffällig ins Futter integrieren.
Zusammengefasst: Pulverförmige Ergänzungsfuttermittel bieten eine individuelle Steuerung der Fütterung. Man kann die Ration präzise einstellen und problemlos mit anderen Futterkomponenten kombinieren. Insbesondere bei komplexen Futterplänen (etwa mehrere Zusätze für unterschiedliche Zwecke) behalten Pferdehalter mit Pulver den Überblick und die Kontrolle.